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Auf die Strasse, Tage des Zorns

Aus:
Woher der Wind weht, Seite 39-57

Von Ron Jacobs

zu eröffnen, begann die Chicagoer Leitungsgruppe mit ihrer Selbstkritik. In ihrer Analyse möglicher Gründe für die geringe Beteiligung an den Aktionen der Tage des Zorns kam das Weatherbureau zu teilweise ähnlichen Ergebnissen, wie sie aus der Neuen Linken bereits Wochen zuvor zur Diskussion gestellt worden waren. Als Hauptgründe nannten sie die »elitäre, humorlose Besessenheit von Weatherman, ihren autoritären Gehorsam« und ihr Draufgängertum.[31]
Ein weiterer Punkt, der bei der Selbstkritik zur Sprache kam, war die Tragfähigkeit der Strategie, auf der Straße eine Schlacht mit der Polizei zu suchen. Mit den Worten Jeff Jones’: »Es gab eine Position rechts von mir, die lautete: ,Die Sache ist gescheitert. Wir hätten es nicht tun sollen.‘ Und es gab eine Position links von mir: "Die Sache ist gescheitert. Wir müssen eskalieren."«[32]
Es fiel das Argument, daß offene Konfrontationen mit der Polizei grundsätzlich vermieden werden müßten und durch eine andere Taktik ersetzt werden sollten. Vorgeschlagen wurde eine Tupamaro-Linie, benannt nach der in Uruguay operierenden Stadtguerilla. Für die Praxis von Weatherman hätte das bedeutet, in den Untergrund zu gehen und sich zu bewaffnen. Nach einer langen Diskussion wurde die Tupamaro-Linie vorläufig verworfen und statt dessen beschlossen, einen erneuten Versuch zu starten, »auf nationaler Ebene starke Präsenz zu zeigen, so daß jeder weiße Jugendliche quasi dazu gezwungen ist, sich mit der Existenz einer revolutionären weißen Guerilla auseinanderzusetzen «.[33] Die Strategiedebatte belegt, daß die radikale Linke sich selbst und die Möglichkeit einer Revolution in den USA zu diesem Zeitpunkt sehr ernst nahm. Wie spätere Entwicklungen zeigen sollten, waren die Argumente und Ideen, die im Oktober 1969 von Weather diskutiert wurden, schon bald Gesprächsstoff vieler linker Diskussionen im ganzen Land. Donnerstag Nachmittag wurde die 2.500 Mann starke Truppe der Nationalgarde, die bis dahin in Alarmbereitschaft gestanden hatte, nach Chicago verlegt. Die Nationalgarde sowie die schwindende Präsenz von Weatherman in der Stadt waren Grund genug, eine größere Aktion, die für den nächsten Tag geplant war, abzusagen. Ursprünglich sollte an den High-Schools in der Gegend ein »Jailbreak« veranstaltet werden. Geplant war, mit möglichst vielen Aktivisten Flugblätter zu verteilen, Antikriegs- und revolutionäre Slogans zu skandieren und die Schüler aufzufordern, den Unterricht zu boykottieren. Die Weather-Frauen hatten entschieden, am Donnerstag ein Rekrutierungsbüro anzugreifen. Ungefähr 70 Aktivistinnen versammelten sich im Grant Park, wo Bernardine Dohrn zu ihnen sprach: »Die paar Verletzungen, die paar Schrotkugeln können nur bedeuten, daß wir hier genau das Richtige machen. Eure Angst wird in Anbetracht des Hungers, des Tods und des Leids der schwarzen, braunen und gelben Bevölkerung in diesem Land und der ganzen Welt bedeutungslos sein.«[34] Die Frauen marschierten in Richtung des Rekrutierungsbüros, das wenige Blocks entfernt lag. Eine Polizeisperre stoppte sie und forderte sie auf, ihre Waffen, Bleirohre und Pflastersteine, abzulegen. Statt der Aufforderung nachzukommen, versuchten die Anführerinnen der Demonstration, unter ihnen auch Dohrn, die Polizeikette zu durchbrechen. Die Polizisten griffen sofort an. Nach einem etwa zwanzigminütigen Kampf zwischen Weather und den ungefähr 300 Beamten waren die Frauen geschlagen und überwältigt und wurden in Einsatzfahrzeuge gesperrt. Keine drang bis zu dem Rekrutierungsbüro vor. An diesem Nachmittag veranstaltete RYM II eine Kundgebung vor dem Gerichtsgebäude, in dem das Verfahren gegen die »Chicago 8« stattfand. Auch die Chicago Panthers, die lokale Gruppe der Young Lords und einige Mitglieder von Weather waren gekommen. Die Menge umfaßte etwa 2.500 Leute, denen nicht weniger als 800 Polizisten gegenüberstanden. Auf Grund der Polizeipräsenz und des Drucks der anderen Unterstützer der Kundgebung unternahm

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Woher der Wind weht
Ron Jacobs
Eine Geschichte des Weather Underground
192 Seiten
1. Auflage 1999
ISBN: 3-89408-084-1
Preis: € 14.90   sFr 10 
(zzgl. Porto+Versand)
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